Harley Benton Dr. Chord Pro

Als Gitarren-Wiedereinsteiger war ich auf der Suche nach einem chromatischen Tuner und habe den Dr. Chord mehr aus Neugier denn aus Überzeugung mitbestellt – vielleicht sogar nur, um Versandkosten für den Korg ™-60 zu sparen… Die beworbene "Akkord-Erkennung" habe ich mir dabei wie die Anzeige in einer DAW vorgestellt, also: ich greife an angeschlossener Gitarre in die Saiten, der Dr. zeigt mir sodann, was ich für'n Akkord angeschlagen habe…

Eine falsche Vorstellung, ich weiß. :) Was das Gerät in dieser Hinsicht bietet, ist eine mühsame Eingabe mittels Gameboy-Benutzeroberfläche auf dem SW-LC-Display wie direkt aus den 1980er. Nichts gegen die 1980er (und GameBoy), aber im Jahr 2020 gibt es genug Apps, die die entsprechende Funktion viel komfortabler und benutzerfreundlich bieten. Da kann das Kästchen gegen iPad & Co. nun wirklich nur mit Retro-Charme punkten.

Von diesem Retro-Charme hat der Dr. Chord genug zu bieten. Silberplastik, wohin das Auge reicht. Hier steht die Abdeckung des Batteriefachs völlig unmotiviert aus dem Gehäuse heraus. Da sind die Tasten ohne irgendeinen nennenswerten Druckpunkt. Ach, ein Metallbügel zum Ausklappen als Stütze (Pluspunkt!). Der Tuner… nun ja, der ist vorhanden, funktioniert sogar, aber in Sachen Ablesbarkeit gibt es auch auf diesem Gebiet Besseres für wenig Geld.

Alles in allem ein netter Gadget, wer auf Retro mehr als auf Funktionalität steht. In der Zeit vor iPhone & Co. hätte ich mich über so einen Elektro-Helfer vermutlich sehr gefreut. Heute… nun ja. Vielleicht werde ich es mal jemandem schenken, der zwar Gitarre, aber keine "mobilen Devices" sein eigen nennt und den Dr. besser zu schätzen weiß als ich.

Generell ist der Harley Benton Dr. Chord Pro ein gutes Gerät für Gitarreneinsteiger. Man kann mit ihm sein Instrument zuverlässig stimmen und das Metronom beherrscht alle Funktionen (Tempo, Takt und sogar Rhythmus) die man braucht. Auch die Chord-Suche in beide Richtungen ist gut zu bedienen und liefert die gewünschten Ergebnisse.

Etwas verbesserungswürdig ist allerdings die Verarbeitung. Die Tasten "kleben", d.h. sie gehen nicht direkt in die Ausgangsposition zurück, wenn man sie loslässt. Dies ist anfangs wirklich SEHR irritierend. Mit der Zeit gewöhnt man sich allerdings daran. Funktionieren tun sie. Weiterhin fehlte bei mir der Standbügel aus Metall komplett. Er war nicht ausgebrochen und befand sich auch nicht in der Schachtel. Ein Produktionsfehler liegt damit nahe. (Thomann hat übrigens schnell und unkompliziert einen Ersatzbügel geschickt. An dieser Stelle nochmal vielen Dank für den guten Service!)

Trotzdem ein brauchbares Gerät das, meines Erachtens, das Geld wert ist.